In diese Backstube darf kein Weizenmehl

Ein Bericht von der Augsburger Allgemeine

In diese Backstube darf kein Weizenmehl

Der Kühbacher Karl Schenkel will in Aichach bald eine glutenfreie Konditorei eröffnen. Warum er für viele ein Hoffnungsträger ist und welche Zutaten tabu sind von Evelin Grauer

Viele Kinder lieben Mohn- und Sesamsemmeln – so auch der siebenjährige Felix Legner aus dem Kühbacher Ortsteil Unterbernbach. Doch im Gegensatz zu den meisten Müttern kann seine Mutter Doris nicht einfach in eine x-beliebige Bäckerei gehen und Semmeln kaufen. Denn Felix darf unter anderem kein Weizenmehl essen. Er leidet an Zöliakie, einer Glutenunverträglichkeit. Das Klebereiweiß Gluten steckt in vielen Getreidearten.

Trotzdem muss Felix nicht auf seine Semmeln verzichten, auch nicht auf Brezen oder Prinzregententorte. Mit Karl Schenkel wohnt nämlich einer der Pioniere der glutenfreien Back- und Konditorkunst in Kühbach. Bei dem 55-Jährigen decken sich die Legners regelmäßig mit frischen Backwaren ein.

Schenkel betreibt seit 15 Jahren das Café Spring in Haunstetten

Der Konditormeister betreibt seit 15 Jahren das bekannte Café Spring in Augsburg-Haunstetten. Seit über zwei Jahren sind dort alle Bäckereiwaren glutenfrei. Schenkel hat das Angebot nach und nach umgestellt. Zum Jahresende gibt der Kühbacher das Café Spring ab und widmet sich voll und ganz seinem neuen Projekt.

Im Februar will er in der früheren Aichacher Postfiliale in der Martinstraße eine glutenfreie Konditorei eröffnen. „Eine der ersten in Deutschland“, wie Schenkel sagt. Dazu gehört ein Café mit 30 bis 35 Sitzplätzen. Da das Café Spring 80 Sitzplätze hat, wird sich das Geschäft Schenkels verkleinern, aber auch spezialisieren.

In Aichach will er neue Produkte erfinden

Weil er in Aichach neue Produkte erfinden und alte Rezepte weiterentwickeln will, hat er sich für eine große Backstube entschieden. Diese soll fast 130 Quadratmeter groß werden. Café und Verkauf kommen auf 90 Quadratmeter. Insgesamt sollen in der neuen „Konditorei Karl Schenkel“ acht Mitarbeiter arbeiten. Für den konkreten Umbau wartet der Namensgeber noch auf die Genehmigung des Landratsamtes.

Schenkel ist vor Jahren durch eine erkrankte Kundin auf das glutenfreie Backen gestoßen. Zudem hat seine Frau Josefine eine Gluten-Überempfindlichkeit. Genauso wie Tochter Melanie Grimm arbeitet sie im Büro und Verkauf des Geschäftes.

Das Café Spring gilt Menschen aus ganz Deutschland, die sich glutenfrei ernähren müssen, als wichtige Anlaufstelle. Gerade aus München kommen laut Schenkel viele Kunden. Laut Schätzungen leidet in Industrienationen etwa ein Prozent der Bevölkerung an Zöliakie. In Aichach wären das über 200 Bürger.

„Menschen, die Zöliakie haben können oft nirgends zum Essen hingehen“

Schenkel hat es sich zur Aufgabe gemacht, für diese Menschen zu backen. „Für viele Menschen, die Zöliakie haben, bricht eine Welt zusammen. Sie sind ausgegrenzt und können oft nirgends zum Essen hingehen“, sagt er.

Viele der Kunden kämen mit einer Liste von Unverträglichkeiten zu ihm und hofften, dass er passendes Brot oder Semmeln backen kann. In der Regel kann der 55-Jährige das auch. Radio- und Fernsehsender haben deshalb bereits über ihn berichtet. Schenkel gilt als „Gluten-Guru“.

Leicht ist es aber auch für Schenkel nicht, glutenfrei zu backen. Schließlich steckt das Klebereiweiß nicht nur im Weizen, sondern beispielsweise auch in Roggen, Gerste, Hafer oder Dinkel. Gluten sorgt dafür, dass der Teig klebt und Wasser aufnimmt.

Statt Weizenmehl verwendet Schenkel Mais-, Reis- oder Kartoffelmehl

Statt der verbotenen Zutaten verwendet der Konditor vorwiegend Mais-, Reis- oder Kartoffelmehl. „Dieser Raum wird nie Weizenmehl sehen“, sagt er über seine künftige Aichacher Backstube. Das ist besonders wichtig, um Verunreinigungen zu verhindern.

Schenkel ist sich sicher, dass die glutenfreien Erzeugnisse auch für gesunde Menschen besser sind, da Weizen ein großer Allergieträger sei. Neben Backwaren will der umtriebige Kühbacher in seinem neuen Café auch Snacks wie Pizzaschnitten und glutenfreies Bier anbieten.

Auch seinen Online-Shop will er vorantreiben. Da die Rohstoffe der glutenfreien Waren laut Schenkel etwa viermal so teuer sind wie herkömmliche Zutaten, ist auch der Verkaufspreis etwas höher. Für Doris Legner aber fallen die 20 Cent mehr pro Tortenstück nicht ins Gewicht. Sie sagt: „Das ist es allemal wert, wenn man seinem Kind dafür etwas Gutes bieten kann.“